Bucherscheinung -
 

„Faust - Ein gezeichnete Held“

Faust - Ein gezeichneter Held  

Szenen und Portraits einer Theateraufführung.
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - der Tragödie zweiter Teil.
Mit einem Geleitwort von Manfred Osten und Beiträgen von Hansgünther Heyme, Manuela Alphons, Peter Kaghanovitch, Hans Schulze, Bernt Hahn, Bernd Kuschmann und Peter W. Marx.

Bernstein-Verlag Gebr. Remmel 2015

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Hansgünther Heymes Inszenierung von „Faust“ II im Jahre 1977 zählt gewiss zu den Höhepunkten der jüngeren Kölner Theatergeschichte. Heute werden Bühnenereignisse zumeist in Video- Aufzeichnungen für die Nachwelt festgehalten. 1977 aber passierte in Köln etwas Besonderes. „Da gab es“, so erinnert sich Heyme im vorliegenden Buch, „eine junge Person mit Zeichenblock - Frau Strahler - auf jeden Fall störte sie nicht - ich war begeistert, dass jemand das ganze Unternehmen so intensiv und seltsam begleitete und fasziniert schien. Selten erlebt man ja begleitende Begeisterung und Zustimmung.“ Dass eine Künstlerin die Proben zu einer Inszenierung mit dem Zeichenstift begleitet, ist in der Tat ungewöhnlich; im Allgemeinen finden Proben auf dem Theater weitgehend ohne Öffentlichkeit statt. Den Blättern, die Elisabeth Strahler in ihrem Buch vorlegt, ist ein dokumentarischer Duktus eigen; was sie mit dem Zeichenstift festhält, sind gewissermaßen Momentaufnahmen aus einem künstlerischen Prozess, der auf eine adäquate szenische Realisierung gerichtet ist. Zugleich aber tritt Elisabeth Strahler in einen Dialog mit dem theatralischen Ereignis. Was sie auf der Bühne sieht, regt sie zu vertiefter Beschäftigung mit Stoff und Gehalt von Goethes „Faust“-Dichtung an. Ein Essay aus ihrer Feder führt im Buch in die Kunstwelt von „Faust“ II und in ihre eigene Kunstwelt ein. Ihre Arbeiten bezeugen eine ausgereifte künstlerische Handschrift, die erst im Ergebnis intensiven Bemühens um eine originäre Bildsprache zustande kommen konnte und dadurch das Genre des Dokumentarischen hinter sich lässt. Insofern brauchen ihre Blätter den Vergleich mit jenen Kunstleistungen nicht zu scheuen, die Maler und Graphiker im 20. Jahrhundert in der Auseinandersetzung mit Goethes „Faust“ vollbracht haben.
Eröffnet wird der schön gestaltete Band mit einem Geleitwort unseres Beiratsmitglieds Manfred Osten und kurzen Beiträgen von Mitwirkenden an der denkwürdigen Kölner „Faust“-Aufführung. Goethe-Freunde, die sich an die Aufführung erinnern und überhaupt mehr über „Faust“ auf der Bühne und in der bildenden Kunst wissen wollen, werden gern zu diesem Band greifen.

(von Jochen Golz, aus dem Newsletter der Goethe-Gesellschaft in Weimar - Ausgabe 1/2015)